Umgang mit destruktiven Mitarbeitern | Johann Kornelsen
26 | 07 | 2019

Umgang mit destruktiven Mitarbeitern: Learnings aus dem Silicon Valley

Die meisten Change-Projekte in Deutschland scheitern. Verschiedene Statistiken zeigen eine Scheiterquote von ca. 70% auf. Erst recht, wenn es darum geht, die Kultur eines Unter­neh­mens z. B. von starker Positions- und Hierarchieorientierung zu mehr Mündigkeit und Teamorientierung zu entwickeln, treten Misserfolge auf.

Das Drama in deut­schen Unterneh­men

In Gesprächen mit Führungskräften, die versuchen, ihr Unternehmen zu transformieren, höre ich seit einiger Zeit wahrhafte Dramen in deutschen Konzernen und etablierten Unterneh­men heraus.

Die Geschäftsführung steht oft hinter dem Change – ohne geht es sowieso nicht – die Führungskräfte sind sich einig darüber, dass sich etwas verändern muss und sind bereit für diesen Prozess. Und trotzdem stehen die Stakeholder nach einem Jahr wieder am Anfang. In Diskussionen kommt werden oft Tiefpunkte erreicht:  Führungskräfte erzählen mir, dass ihre Mitarbeiter nicht einmal mehr Dienst nach Vorschrift machen oder aktiv die Vorgesetzten diskreditieren oder schlecht über das Unternehmen oder sogar Kunden sprechen. Hat eine Führungskraft eine Chance, mit solchen Mitarbeitern erfolgreich zu sein? Natürlich nicht, denn dieses Verhalten ist maximal destruktiv.

Die Musterlösung

Wie löst man das Problem als Führungskraft? Harmoniebestreben überwinden und klare Konfrontation zwecks einer Lösung suchen. Wenn sich im Verhalten des Angestellten nichts ändert, sollte man sich trennen, denn wahrhaft destruktive Mitarbeiter – sogenannte C-Mitarbeiter – zerstören mit jedem weiteren Tag die Substanz des Unternehmens. Jede erfahrene Führungskraft würde dieser Einschät­zung folgen und empfehlen, sich zu trennen.

Wie es wirklich läuft

Ich kann mich jedoch noch gut daran erinnern, wie ich das erste Mal hörte, dass man das als Führungskraft bereits versucht hatte und feststellte, dass die Mitarbeiter ihre „Rechte“ und ihren Betriebsrat sehr gut kennen. Sie wissen, dass man sie praktisch nicht aus dem Unternehmen bewegen kann, solange sie nicht freiwillig gehen. „HR“ und „Legal“ stehen hilflos daneben und am Ende wird von der Führungskraft erwartet, dass sie destruktive Mitar­bei­ter „auf Spur bringt“ oder „moti­viert“. Da das selten in der Realität gelingt, werden diese Mitarbeiter häufig ignoriert oder mit unattraktiven Aufgaben torpediert. Oder sie werden öffentlich gedemütigt, um sie zu einem Abschied zu bewegen. Das macht natürlich die Kultur in dem Unter­neh­men kaputt und ist das Gegenteil von wertschätzender Führung. Selbst dann gehen viele Mitarbeiter nicht. Sie lassen die Demütigungen über sich ergehen und bleiben in der Position. Daraus entsteht ein Unternehmens­umfeld, welches zerstörerisch für allen Beteiligten ist.

Warum es so schwie­rig ist

Wie kann es dazu kommen, dass ein Mensch so wenig Selbstwert hat, dass er solch einen Umgang mit seiner Person zulässt und das Unternehmen nicht verlässt? Häufig befürchten oder wissen die Mitarbeiter, dass sie in anderen Unternehmen nicht mehr mithalten können. Daher bleiben sie lieber im abgesicherten Nest, obwohl es sie innerlich dauerhaft zerstört.

Andere waren die Helden der 90er und haben bis heute in ihrem sozialen Umfeld den Ruf, ein Überflieger zu sein, der sie längst nicht mehr sind. So gibt es 50-jährige System-Admini­stra­toren, die heute über 100.000 € im Jahr verdienen, jedoch von jedem Berufseinsteiger und Fachinformatiker längst überflügelt werden. Ein Ausstieg aus dieser Situation und marktüblicher Bewertung der eigenen Fähigkeiten durch andere Unternehmen ist da oft keine Option –aus Angst vor Bloß­stel­lung und Verlust der persönlichen Reputation. Dann doch lieber Tag für Tag demütigen lassen … aber sicher in die Rente!

Je länger ich darüber nachdenke, umso furchtbarer klingt diese Haltung für mich. In diesen Systemen und Wir­kungs­­zu­sammenhängen leiden alle: Führungskräfte, Unternehmen und betroffene Mitarbeiter. Ohne, dass eine Veränderung eintritt. Am Ende wird solch ein Unternehmen in der globalisierten Welt vor die Hunde gehen.

Läuft der Umgang mit Mitarbeitern im Sili­con Valley besser?

Wie können sich Unternehmer aus dieser Falle befreien? Deutsche Unternehmen eifern bei Trans­for­ma­tionsprozessen vor allem amerikani­schen Vorbildern nach, insbesondere aus dem hippen Silicon Valley. Was machen Start-ups im Silicon Valley anders und besser? Aus persönlichen Eindrücken vor Ort kann ich nur sagen, dass dort auch nur mit Wasser gekocht wird. Der gravierende Unterschied ist jedoch in einer anderen Rahmen­be­dingung zu suchen. Im Silicon Valley wird gar nicht erst zugelassen, dass jemand, der einer Aufgabe nicht mehr gewachsen ist, im Unternehmen verbleibt. Es kommt erst gar nicht dazu, dass Low-Performer oder Personen mit einem Werteverständnis, welches nicht zum Unternehmen passt, dabeibleiben. Die Erwartungen an die Performance sind spürbar vorhanden und die Leistung eines Mitarbeiters wird regelmäßig unspektakulär evaluiert. Wenn die Leistung nicht passt, wird eine gewisse Zeit gewährt, um Abhilfe zu schaffen. Gelingt es nicht, trennt sich das Unternehmen vom Mitarbeiter. Die Kündigungsfrist beträgt 2 Wochen.

Was im Silicon Valley anders läuft

Felix Berghöfer bringt den Unterschied zwischen deutschen und den ameri­ka­nischen Unternehmen im Silicon Valley hervorragend auf den Punkt:

Hierzulande versuchen die Unterneh­men sehr lange, an Mitarbeitern festzu­halten und sie weiterzuentwickeln. In US-Unter­neh­men wird derjenige, der nicht mitzieht oder hineinpasst, sehr schnell wieder aussortiert, trotz des Fach­kräf­te­mangels. Dem gegenüber stehen hohe Bemühungen der Arbeit­geber, die Mitarbeiter zu halten und die hohe Quote von Kündigungen von Mitarbeitern zu verringern.

Was die Amerikaner hier erkannt haben, ist die Tatsache, dass es niemandem hilft, zusammenzuarbeiten, wenn man nicht zusammenpasst. Während Führungskräfte dort in vielen Fällen konsequent agieren, wartet man in Deutschland so lange, bis unser Arbeitsrecht den Mitarbeiter in eine Situation versetzt, wo er nicht mehr kündbar ist und man nur hoffen kann, dass er geht und das Unternehmen nicht mehr belastet.

Welche Schluss­fol­gerungen lassen sich daraus für deut­sche Unternehmer ziehen?

  1. Sei dir darüber im Klaren, wofür dein Unternehmen steht. Wie möchtest du arbeiten, damit du auf Dauer erfolgreich für deine Kunden agierst?
  2. Erarbeite ein verlässliches System der Rekrutierung, mit dem du nur Mitarbeiter gewinnst, welche von ihren Werten und Haltungen optimal zu dir und deiner Mission passen.
  3. Mach NIEMALS KOMPROMISSE bei der Einstellung von Mitarbeitern. Hire character and values, train skills.
  4. Hast du dich getäuscht, trenne dich schnell und wertschätzend von dem Mitarbeiter. Teile ihm transparent mit, warum es nicht gepasst hat.
  5. Hast du die richtigen Mitarbeiter an Bord, sorge für ein Umfeld, in dem deine Mitarbeiter auf Dauer glücklich sein können. Die menschlichen Grundbedürfnisse sind simpel: Beziehungen, Potenzial­ent­faltung, psychologische Sicherheit. Da­für zu sorgen, das ist dein Job als Unternehmer.

Wenn du je unabhängig vom Tagesgeschäft sein möchtest und wirklich am Unternehmen gestalten, dann solltest du die Kompromisse bei der Einstellung von Mitarbeitern machen. Beachte: Je mehr „faule Eier“ du im Unternehmen akzeptierst, umso eher ist die Wahrscheinlichkeit, dass deine guten Mitarbeiter das Unternehmen verlassen und das Unternehmen geschwächt wird. Gute Leute werden noch besser, wenn sie mit anderen Top-Mitarbeitern zusammenarbeiten. Das Gegenteil tritt ein, wenn öffentlich sichtbar wird, dass Mitarbeiter nicht gewillt sind, ihr Bestes zu geben. Diese Beobachtung mache ich seit Jahren in Groß­un­ter­nehmen. Die Erkenntnis, dass dauerhafte Veränderungen in diesen Systemen nahezu unmöglich sind, hat mich dazu bewogen, mich dort zu engagieren, wo es die Chance gibt, die Weichen in der Mitarbeiter­füh­rung von Anfang an konstruktiv zu stellen: In jungen Unternehmen und in den frühen Phasen, in denen die Leitung es in der Hand hat, Identität zu reflektieren und kompromisslos die richtigen Mitar­bei­ter auszuwählen. Nur so wird es gelingen, dauerhaft erfolgreich zu sein und zu wachsen. Unternehmen mit einem gesunden Kern können gar nicht anders als zu wachsen.

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